Ja. Pfeile sind Verbrauchsmaterial! Fertig. ;-)
Das muss dem Schützen in dem Moment klar sein, klar sein, in dem er sein Geschoss auf die Reise schickt. OK, eigentlich schon beim Kauf, man muss im Hinterkopf haben, wofür man seine Pfeile haben möchte und welche Folgeinvestitionen dann auf einen zukommen können.
Denn das Leben eines Pfeils ist hart: beim Abschuss von einem Recurvebogen wird er mit bis zu 700 g (700-fache Erdbeschleunigung) in rund 10-15 Millisekunden auf seine Reisegeschwindigkeit von, sagen wir einmal, 60 m/s beschleunigt und darf sich dann kurz auspendeln, bevor der wirklich harte Teil losgeht: das Auftreffen.
Wenn ein Pfeil (und damit auch der Schütze) Pech hat, dann landet er zielsicher auf irgendetwas Hartem und ist Schrott. Damit muss man insbesondere beim 3D-Schießen rechnen. Oder er verschwindet einfach auf Nimmerwiedersehen im Wald, da hat man von der weichen Landung im moosigen Untergrund auch nicht mehr viel.
Aber auch auf einer Scheibe ist ein Pfeil einer großen Belastung ausgesetzt. Überlegt mal, wie tief steckt ein Pfeil in einer neuen Stramitscheibe? Richtig, wenige Zentimeter. Die physikalisch Interessierten unter Euch können ja mal ausrechnen, welche Längsbeschleunigung dabei auf den Pfeil einwirkt.
Wichtiger als die Längs- ist jedoch die Querbeschleunigung. Schaut Euch mal Hochgeschwindigkeitsvideos vom Einschlag eines Pfeils auf einer Scheibe an, dann wisst Ihr, was ich meine. Noch schlimmer wird es, wenn ein Pfeil im Randbereich eines 3D-Tiers gerade noch zum Stecken kommt. Einer der Aspekte hierbei ist, dass ein nachfolgender Pfeil dabei an bereits steckende Pfeile anschlagen kann. Bei diesen Kollisionen besteht die Gefahr, dass der schwingende oder ein bereits steckender Pfeil dabei beschädigt wird.
Ein anderer Aspekt ist der, dass die Pfeile an der Stelle, an der sie die Scheibenoberfläche durchbrechen, maximal belastet werden (kleiner Biegeradius), so dass es öfters vorkommt, dass ein Pfeil an genau dieser Stelle bricht. Erschwerend kommt hierbei hinzu, dass dies meist genau die Stelle ist, an dem das Insert oder die Spitze im Pfeilinneren endet, so dass hier der Bruch fast schon vorprogrammiert ist.
Weiterhin, und das wird der häufigste Fall sein, den jeder Schütze kennt, kann man sich Pfeile wunderbar zerstören, indem man einen Pfeil so dicht neben einen anderen Pfeil setzt, dass einer der beiden danach so stark eingedrückt ist, dass er nicht mehr geschossen werden kann.
Last but not least gibt es noch den klassischen „Robin-Hood-Schuss“, der sicherlich die spektakulärste Möglichkeit ist, sich einen oder gleich 2 Pfeile zu ruinieren.
Insbesondere bei Carbonschäften kommt noch der Abrieb im vorderen Bereich hinzu: vergleicht mal neue Schäfte mit denen, die eine Saison oder mehr auf Stramitscheiben hinter sich haben. Man kann Alu/Carbonpfeile durchaus bis aufs blanke Metall abnutzen. Ob das allerdings Sinn ergibt, ist eine andere Frage.
Inwieweit die Materialermüdung durch die Biegungen eine Rolle spielt, dazu kann ich nichts sagen (es wird gelegentlich diskutiert), es sieht aber in der Praxis meist so aus, dass die Pfeile aus den oben genannten Gründen nicht lange genug leben, damit sich dieser Effekt auswirken kann.
Bereits an anderer Stelle habe ich drauf hingewiesen, wie wichtig es ist, sich vom intakten Zustand seiner Pfeile zu überzeugen. Auch und insbesondere bei der Sicherheit sollte daher der Grundsatz „die Gesundheit geht vor, Pfeile sind Verbrauchsmaterial“ gelten. Wenn man auch überlegt, ob ein Pfeil noch schießbar ist, gehört er in die Tonne - oder als Blumenstecken zweitverwertet.
Es mag sicherlich noch weitere Möglichkeiten geben, sich seine Pfeile zu ruinieren, das Einklemmen in einer Auto- oder Toilettentür sei hier nur exemplarisch genannt (das habe ich mir nicht ausgedacht!). Was aber wichtig ist: vom Holzpfeil bis zum X10 sind Pfeile zwar ein wichtiger Punkt in der Kette, die das Treffen ermöglichen soll (neben dem Schützen vielleicht sogar der wichtigste Punkt), aber auch einer, dem man im Verlustfall nicht allzu viele Tränen nachweinen sollte, weil es eben Verbrauchsmaterial ist. Man muss es sich eben nur immer mal wieder klarmachen.