Da gibt es verlockende Angebote bei gängigen Auktionshäusern, ein Bekannter hat noch einen alten Bogen oder bei der Metro gibt es gerade einen Supersonderprofibogen mit einem Dutzend Hochleistungspfeilen für schlappe 99 Euronen.
Also gleich los und... HALT!
Woher weiß man, ob dies wirklich der richtige Bogen ist? Weil draufsteht "Profibogen"? Nein, so einfach ist es nicht. Auf Verpackungen und in Produktbeschreibungen kann man vieles in großen Buchstaben lesen, was nicht unbedingt der Realität entsprechen muss.
Wie aber sollte man vorgehen? Nun, eigentlich ist auch das ganz einfach. Wie schon beim Einstieg in den Bogensport sollte man zuerst jemanden fragen, der Ahnung von der Sache hat. Ein Verein als Anlaufpunkt ist sicherlich kein Fehler.
Üblicherweise verläuft das Heranführen nicht nur an den Bogensport, sondern auch an das eigene Material in mehreren Schritten. Ein bisschen kommt es auch auf die Ausstattung des Vereins an, insbesondere, welche Bogentypen dort gängig sind. Aber grundsätzlich gibt es am Anfang zu den ersten Pfeilen einen Bogen des Vereins. Dieser Bogen ist zunächst sehr leicht zu ziehen, um eine saubere Technik zu erlernen. Das ist übrigens auch ein Grund, warum der Bogen des Vereinskollegen nicht unbedingt der richtige Bogen für den Einstieg ist, weil er zu stark sein dürfte.
Nach mehreren Wochen, wenn man für sich entschieden hat, dass der Bogensport das richtige neue Hobby ist, steht eine Entscheidung an: soll es dann etwas Eigenes sein oder ein Leihbogen? Nun, wer Gefallen am Bogensport gefunden hat, kann und sollte sich eigenes Material zulegen. Der eigene Bogen schießt sich immer besser als irgendein fremdes System. Man muss sich nun nicht gleich einen Bogen kaufen, sondern kann ihn zuerst mieten. Das ist billiger, und man kann innerhalb der Mietdauer die Wurfarme tauschen, was erheblich günstiger kommt als ein Neukauf. Zum Mieten eines Bogens wendet man sich am besten an die Fachhändler (den so oft zitierten "Händler des Vertrauens"), macht dort einen Termin aus und probiert den Bogen, den man mieten will, aus. Durchaus empfehlenswert ist es, den Trainer oder Übungsleiter mitzunehmen. Meist wird nach Ablauf der Mietdauer der Mietpreis auf den Kauf eines Bogens angerechnet, so dass man sich stufenweise an das eigene System herantasten kann. Achtung: vorher beim Händler über die Bedingungen wie Preis, Lieferumfang etc. erkundigen. Ein Preis- und Leistungsvergleich macht durchaus Sinn! Oftmals werden mehrere Mietgebühren auf den Kauf eines neuen Bogens angerechnet, so dass man recht einfach auf einen neuen Bogen ansparen kann.
Der Vollständigkeit halber sei aber auch erwähnt, dass man, wenn man glaubt, den Traumbogen schon jetzt gefunden zu haben und das Kleingeld dafür flüssig hat, auch zuschlagen kann und sollte. Warum auch nicht, es geht ja immerhin um den Bogen, mit dem man sich gut fühlen möchte. Zumindest beim Mittelteil (und seinen Anbauteilen), bei den Wurfarmen lohnt sich ein Leihen am Anfang so gut wie immer.
Jetzt kann man allmählich das Zuggewicht des Bogens erhöhen, um auch auf längere Distanzen schießen zu können. Dabei ist Machogehabe aber am falschen Platz, lieber langsam steigern und dabei auf eine saubere Technik achten, als sich selbst dabei zu Überlasten und wenig später frustriert aufzugeben. Mit einer sauberen Technik ist ein schnelles Steigern des Zuggewichts relativ gut möglich, aber die Technik will erst einmal erlernt sein und sich tief ins Unterbewusstsein eingegraben haben!
Auch, wer einen Langbogen schießen möchte, dem sei meiner Meinung nach angeraten, am Anfang mit einem Recurvebogen zu beginnen. Dieser Bogentyp ist etwas schneller und fehlerverzeihender als ein Longbow, außerdem kann man die Wurfarme bequem tauschen und sich so an das gewünschte Zuggewicht heranarbeiten, ohne jedes Mal einen neuen Bogen kaufen zu müssen.
Beim Compoundbogen scheiden sich die Geister. Die eine Fraktion sagt, man kann direkt mit dem Compound anfangen, die andere Fraktion sagt, dass man mit dem Recurve am Anfang ein besseres Gefühl gerade für die Rückenspannung bekommt. Offensichtlich funktioniert beides.
Der Leihbogen ist schon so etwas wie der erste "eigene Bogen". Hier gilt es, ein paar Kleinigkeiten zu beachten. Die erste ist, dass man mit dem Bogen zurechtkommen muss. Der Griff muss passen, das Gewicht stimmen (sowohl das Zuggewicht als auch das des Bogens), die Wurfarme sollten die richtige Länge haben, die ganzen Kleinteile drum herum (Tab, Armschutz, Koffer etc.) sollen angepasst werden, die richtigen Pfeile ausgesucht und so weiter.
Letztlich ist der finale Schritt zum "echten" eigenen Bogen nur die logische Folge vom letzten Leihbogen: jetzt weiß man, worauf es ankommt, wie der Bogen beschaffen sein soll, für den man meist eine ganze Menge Geld auf den Tisch legt.
Aber eins ist immer wichtig: man sollte sich Zeit lassen. Nicht nur der eigene Stil, auch das Material braucht seine Zeit. Vorschnelle Käufe (meist Bogen mit viel zu hohem Zuggewicht) kosten im Nachhinein mehr Geld und Frust als ein langsamer Einstieg.
Noch ein paar Anmerkungen zu den bekannten Auktionshäusern: hier wird von den Anbietern oftmals der letzte uralte Mist als "Profibogen" deklariert, um ein paar Euro mehr herauszuholen. "Vom Deutschen Meister geschossen" hilft einem selbst auch nicht viel, "modern" heißt oft nur, dass die Gurke vor langer Zeit mal modern war und einfach nicht das leisten kann, was wirklich modernes Material bringt. So etwas ist außer für Sammler rausgeworfenes Geld. "Passt auf jeden Schützen" ist eine glatte Lüge, "im Auftrag zu verkaufen" heißt oftmals "kaputt" und "Einsteigerbogen" bedeutet gerne, dass es der letzte Schrott ist. Leider. Ich habe in den letzten Jahren genug solche "Angebote" gesehen, herzlich drüber gelacht und den Käufer bedauert. Echte Schnäppchen sind zwar möglich, aber selten und setzen einiges an Erfahrung voraus.
Allerdings tummeln sich auch viele Händler dort. Aber - warum sollte man dann über das Auktionshaus kaufen, wenn der Händler einen eigenen Laden hat und man dort bequem aussuchen und vergleichen kann? So spart der Händler die fällige Provision an das Auktionshaus und man hat mehr Auswahl, Beratung und so weiter.
Nachtrag: wenn bei einem Händler gekauft wird, sollte man im Vorfeld sicher stellen, dass dieser auch wirklich auf den Bogensport spezialisiert ist. Ein Jagdshop, der in einer Ecke ein paar Billigbogen rumstehen hat, ist keine gute Anlaufstelle und LARP-Läden haben meist auch nicht das überzeugendste Sortiment für ambitionierte Schützen.
Im Vorfeld sollte man bei einem erfahrenen Schützen nachfragen, der ungefähr das schießt, was man selbst möchte (zumindest den gleichen Bogentyp), das ist der richtige Weg. Alle "schnellen Billigkäufe" kommen letztendlich teuer zu stehen und können dem Schützen durchaus den Spaß am Hobby vermiesen!
Und hier noch der wichtigste Tipp: einen Bogen sollte man stets zumindest in der Hand gehalten haben oder -noch besser- probegeschossen haben, bevor man ihn kauft. Wie soll man sonst wissen, wie sich der Bogen wirft, wie er sich anfühlt, ob man damit zurechtkommt, wenn man ihn nicht ausprobiert hat? Eben. Auch dies ist ein elementarer Punkt, der gegen überhastete online-Einkäufe spricht.